03-01-0112-ws Kritische Bildungstheorie und rassismuskritische Bildungsarbeit - Perspektiven der Macht und Ohnmacht pädagogischen Handelns

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Lisa Freieck

Veranstaltungsart: Workshop

Orga-Einheit: FB03 / Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik (Institut)

Anzeige im Stundenplan: ws-Prozesse allg Bil

Fach:

Anrechenbar für:

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30

Lehrinhalte:

Die Kritische Bildungstheorie der 1960er Jahre formuliert als konstitutiven Ausgangspunkt von Bildungsprozessen einen doppelten Widerspruch: erstens den von individueller Freiheit und gesellschaftlicher Unterwerfung, zweitens den von egalitärem Gleichheitsanspruch und faktischer Gebundenheit an jeweils ungleiche sozioökonomische Eingangsbedingungen. Die Pädagogik erscheint aus dieser Perspektive nicht als neutrale Instanz zur objektiven Vermittlung gesellschaftlich relevanten Wissens, sondern als eine, die sich widersprüchlich zwischen der Befähigung zur mündigen Selbstbestimmung und dem kollektivem Zwang zu gesellschaftlicher Reproduktion bewegt. Mit dem Anspruch, diese Widersprüche sichtbar zu machen, wird Selbstkritik zur zentralen Bestimmung pädagogischen Handelns.

Wie aktuell dieser bildungstheoretische Ansatz für das Selbstverständnis von Pädagogik noch immer ist, zeigt sich in besonderer Weise, wenn es um das Thema Rassismus geht. Denn auch der pädagogische Umgang mit Rassismus ist in zweifacher Hinsicht nicht neutral, sondern bewegt sich seinerseits in einem dialektischen Spannungsverhältnis: Einmal engagiert er sich für von Rassismus Betroffene, indem er für gleichwertige Anerkennung und Partizipation eintritt; gleichzeitig ist er aber selbst in hegemoniale Gesellschaftsstrukturen verstrickt und läuft dabei gerade wegen seiner positiven Handlungsmotivation Gefahr, unerkannt zu deren Konstruktion beizutragen. Rassismus ist in diesem Sinne nicht als gesellschaftliche Randerscheinung zu verstehen, sondern als normalitäts- und identitätsstiftendes Prinzip der machtvollen Unterscheidung, das auf zahlreichen gesellschaftlichen Ebenen fest verankert ist. Im Zentrum einer rassismuskritischen Bildungsarbeit steht daher notwendigerweise nicht die Entwicklung von lösungsversprechenden Handlungsstrategien gegen Rassismus, sondern die selbstkritische Analyse des pädagogischen Involviertseins in gesellschaftliche Dominanzverhältnisse und die diskursive Beteiligung der Pädagogik an wirkungsmächtigem Alltagswissen. Hierzu gehören die mehrheitsgesellschaftlichen institutionellen Rahmenbedingungen, in denen pädagogisch Handelnde wirken, ebenso wie die alltagsweltlichen Begrifflichkeiten, auf die die Pädagogik als Wissenschaft performativ zurückgreift.

Der Theorie-Workshop wird zunächst die widersprüchliche Bildungskonzeption der Kritischen Bildungstheorie sowie grundlegende Begriffe postkolonialer Rassismusforschung rekonstruieren. Ausgehend von diesem methodologischen Zugang sollen auf der Textgrundlage von rassismuskritischen Positionen bildungspraktische Probleme verschiedener pädagogischer Arbeitsfelder sowie sozialwissenschaftlicher Theoriebildung diskutiert werden. Außerdem soll eine ergänzende Auseinandersetzung mit rassismuskritischen Praxiskonzepten Teilnehmenden die Möglichkeit bieten, eigene Selbst- und Fremdwahrnehmungsroutinen zu überprüfen und ein sensibles Bewusstsein für deren machtvolle Effekte zu entwickeln. Ziel wird sein, Einsichten in die Handlungsmöglichkeiten einer Bildungsarbeit zu gewinnen, die kritisch mit ihren besonderen Fallstricken innerhalb gesellschaftlicher Ungleichheitsbeziehungen umgeht, ohne dabei zwangsläufig zu resignieren.

Literatur:

Broden, Anne/Mecheril, Paul (Hrsg.): Rassismus bildet. Bildungswissenschaftliche Beiträge zu Normalisierung und Subjektivierung in der Migrationsgesellschaft. Bielefeld 2010.

Bünger, Carsten u. a. (Hrsg.): Heydorn lesen! Herausforderungen kritischer Bildungstheorie. Paderborn 2009.

Messerschmidt, Astrid: Weltbilder und Selbstbilder. Bildungsprozesse im Umgang mit Globalisierung, Migration und Zeitgeschichte. Frankfurt am Main 2009.

Räthzel, Nora (Hrsg.): Theorien über Rassismus. Hamburg 2000.

Scharathow, Wiebke/Leiprecht, Rudolf (Hrsg.): Rassismuskritik Bd. 2: Rassismuskritische Bildungsarbeit. Schwalbach 2009.

Voraussetzungen:

Neben regelmäßiger Anwesenheit wird die Bereitschaft zu einer lektüreintensiven Vorbereitung sowie einer Textpatenschaft mit entsprechender Sitzungsleitung erwartet.

Erwartete Teilnehmerzahl:

Aufgrund des theorielastigen Unterbaus des Workshops wird ein Besuch erst ab dem 3. Fachsemester empfohlen. Die Anzahl der Teilnehmenden ist auf max. 20 Studierende beschränkt.

Literatur
Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Mo, 14. Okt. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
2 Mo, 21. Okt. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
3 Mo, 28. Okt. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
4 Mo, 4. Nov. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
5 Mo, 11. Nov. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
6 Mo, 18. Nov. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
7 Mo, 25. Nov. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
8 Mo, 2. Dez. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
9 Mo, 9. Dez. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
10 Mo, 16. Dez. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
11 Mo, 23. Dez. 2013 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
12 Mo, 13. Jan. 2014 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
13 Mo, 20. Jan. 2014 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
14 Mo, 27. Jan. 2014 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
15 Mo, 3. Feb. 2014 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
16 Mo, 10. Feb. 2014 11:40 13:20 S215/51 Lisa Freieck
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Lisa Freieck