02-11-1008-ku Wert/Value/Valeur" - Widerstreit zwischen Moral und Preis

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Prof. Dr. phil. Petra Gehring

Veranstaltungsart: Vorlesung

Orga-Einheit: FB02 / Philosophie (Institut)

Anzeige im Stundenplan: 02-11-1008-ku

Fach:

Anrechenbar für:

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -

Digitale Lehre:
Die Veranstaltung wird aufgezeichnet und im www zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen:
Die Ringvorlesung wird mit einer Klausur abgeschlossen (voraussichtlich am Tag der letzten Sitzung).
Das Bestehen dieser Klausur ist Voraussetzung für die Vergabe der CP.

Offizielle Kursbeschreibung:
Es war Immanuel Kant, der „Würde“ (den unbedingten moralischen Wert) und „Preis“ (den relativen Geldwert von Dingen) scharf voneinander trennte – wonach es dann noch einmal dauerte, bis mit der Kulturforschung nach Darwin und auch im sogenannten Neukantianismus zum Ende des 19. Jahrhunderts die eigentliche Karriere des Wertbegriffs in der Ethik sowie in der entstehenden Soziologie begann. Für die europäische Philosophie dreht sich das Rad hier nur langsam weiter: Noch immer gibt es ein „wertphilosophisches“ Nachdenken, für welches unsere Kulturen beispielsweise humanitäre Werte hervorbringen, um die sich die Regeln des Zusammenlebens drehen. Max Scheler hat eine Wertethik entworfen, die geisteswissenschaftliche Pädagogik eine Werterziehung gefordert. Die analytische Philosophie wiederum diskutiert, ob Moral Values lediglich Resultat einer Wertzuschreibung sind oder ob es Werte (als Handlungsgründe oder sei es als Glaubensgrößen) doch irgendwie „gibt“. Neoaristotelisch lassen sich auch Virtue & Value verklammern. Und natürlich docken immer schon auch Religionen an eine Wertsemantik an: Familie gilt dann als „Wert“. Oder Freundschaft. Auch im Alltag sprechen wir oft so.

Es liegt auf der Hand, dass parallel auch im ökonomischen Diskurs fortwährend von „Wert“ und „Werten“ die Rede ist: Werterhalt, Wertschöpfung, Mehrwert etc. „Wert“ hat mit Geld zu tun, mit Preis- und Vermögensbildung, mit Spekulation, mit Kapital und Währung. Im Zeitalter des digitalen Wandels steht aktuell die Frage im Raum, was Wertzeichen eigentlich sind: Nur die irgendwie menschenlesbaren Symbole oder doch auch bloße „Token“ auf einer Blockchain? Nicht nur in der Finanzwelt geraten durch die Möglichkeit der Tokenisierung „Werte“ durcheinander: Auch Kunst, Arbeitswelt und Sozialleben verändern sich. So lässt die Blockchain-Technologie neuartige virtuelle Tauschgemeinschaften entstehen. Und interessanter Weise können diese auch moralische Gemeinschaften sein.

Überhaupt erweisen sich moralische und ökonomische Werte keineswegs so klar getrennt, wie Kant es sich wünscht. Fragen nach Reichtum, nach dem, was wir bereit sind jemandem zu „geben“ oder auch nach der Herkunft von Gütern oder einer Geldsumme laden wir ebenso moralisch auf – wie umgekehrt zuweilen Zahlungen die Rolle einer moralischen Wiedergutmachung oder auch einer Anerkennung spielen. Und „lieben“ wir einem Wertgegenstand, ein Kunstwerk, ein Erinnerungsstück nicht mit hohem persönlichem „Invest“, also vielleicht auch moralischer (oder ethisch begründeter) Intensität? Diskussionen über die „Gabe“ führen demgegenüber an die Grenzen jeder Ökonomie (Mauss, Levinas, Derrida). Nicht durch Zufall verfügt die Moderne zudem über eine ganze Reihe von Konzepten, die „Wert“ in irgendwie gemischter Weise moralisch wie auch ökonomierelevant umschließen. „Vertrauen“ ist so ein Konzept. Ebenso „Nachhaltigkeit“ oder auch „Sicherheit“. Alle drei Worte könnte man wiederum als „Werte“ bezeichnen.

Schließlich ist im Zeitalter von Ökologie und Klimapolitik längst klar, dass moralische Ziele wie ein Erhalt von Umwelt und Biodiversität oder die Wahrung der Lebensbedingungen künftiger Generationen sich am effizientesten durch ökonomische Instrumente umsetzen lassen. CO2-Bepreisung und handelbare CO2-Zertifikate oder Bio-Siegel „schaffen“ hier Wert mindestens im dreifachen Sinn: volkswirtschaftlich und ökologisch wie auch moralisch-ethisch. Trage ich ein zertifiziert ohne Kinderarbeit gefertigtes Öko-T-Shirt oder nutze ich ein Gerät aus recycelten Wertstoffen und fühle ich mich (deswegen) „gut“ – womöglich deute ich dann sogar eine solche Emotion als „Wert“.

Die Ringvorlesung beleuchtet die Genese und die Verwicklungen des Wertbegriffs. Dabei soll es immer auch um aktuelle Wert- und Wertzeichendiskurse sowie insbesondere um den ökologischen Wertewandel und um den digitalen Wandel gehen. Philosophie trifft also auf Öko- und Digitaldiskurse wie auch umgekehrt.

Zusätzliche Informationen:
Das PROGRAMM der Ringvorlesung finden sie auf Plakaten sowie auf der Webseite des Institutes für Philosophie.

Literatur
Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Mi, 18. Okt. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
2 Mi, 25. Okt. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
3 Mi, 1. Nov. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
4 Mi, 8. Nov. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
5 Mi, 15. Nov. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
6 Mi, 22. Nov. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
7 Mi, 29. Nov. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
8 Mi, 6. Dez. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
9 Mi, 13. Dez. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
10 Mi, 20. Dez. 2023 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
11 Mi, 10. Jan. 2024 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
12 Mi, 17. Jan. 2024 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
13 Mi, 24. Jan. 2024 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
14 Mi, 31. Jan. 2024 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
15 Mi, 7. Feb. 2024 18:05 19:45 S313/30 Prof. Dr. phil. Petra Gehring
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Bild: Prof. Dr. phil. Petra Gehring
Prof. Dr. phil. Petra Gehring